Stadtbäume und Klima
Das Stadtklima verändert sich und die Herausforderungen werden größer
Der Klimawandel hat erhebliche Auswirkungen auf die Städte in den Niederlanden, zum Beispiel durch einen zunehmenden Wärmeinseleffekt. Die Lufttemperatur ist in städtischen Gebieten oft einige Grad höher als auf dem Land. Es wird mehr (sehr) heiße Tage geben, die auch mehr Gesundheitsprobleme verursachen werden. Städte haben auch immer öfter Probleme mit extremen Wetterereignissen wie starken Regenfällen und Stürmen. Diese Phänomene sind sicher nicht nur in den Niederlanden zu beobachten. Auf dem World Forum on Urban Forests in Washington, D.C. (https://www.worldforumonurbanforests.org/) ging es einen ganzen Tag lang um das Thema „Resilient Cities“ beziehungsweise darum, wie wir Städte widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels machen können. Wir brauchen Maßnahmen zur Anpassung von Städten an den Klimawandel wie Kühlung und die Regulierung von Niederschlägen. Auch der Klimaschutz muss berücksichtigt werden: Wie kann man den Klimawandel eindämmen, zum Beispiel durch Energiesparen und CO2-Speicherung?
Grün kann eine wichtige Rolle spielen
Forschungsergebnisse aus dem In- und Ausland zeigen, dass städtische Grünflächen sowohl bei der Anpassung an den Klimawandel als auch beim Klimaschutz eine Rolle spielen können. Eine Studie der Universität Amsterdam ergab beispielsweise, dass 10 Prozent mehr Grün die Lufttemperatur um etwa 0,5 °C senken können. Auch Schatten spielt eine wichtige Rolle, da die gefühlte Temperatur unter Baumkronen 10-15 °C niedriger ist als in der Sonne. Die Schaffung kühler Aufenthaltsorte in Fußweite und schattiger Wege ist eine wichtige Aufgabe für die Kommunen. Bei starken Regenfällen ist außerdem wichtig, dass das Wasser abgebremst und gespeichert werden kann. Auch hier können Grünflächen eine wichtige Rolle spielen, da sie als Schwamm fungieren können. Zusammen mit „SUDS“ (nachhaltigen Entwässerungssystemen) können Bäume den ‚peak flow’ (Abflussspitzen) um mehr als 80 % reduzieren, wodurch es deutlich weniger Überschwemmungen gibt.
Die Bäume stehen im Mittelpunkt
Untersuchungen zeigen, dass Straßen- und andere Bäume insbesondere zur Kühlung wichtig sind. Vor allem große, ausgewachsene Bäume spenden viel Schatten, absorbieren Strahlung und senken die Umgebungstemperatur durch Evapotranspiration, die Verdunstung von Wasser. Eine Studie in Arnheim kam zu dem Schluss, dass Straßenbäume die Temperatur um 0,4 bis 1,6 °C senken. Andere Untersuchungen ergaben, dass bestimmte harte Oberflächen im Schatten von Bäumen bis zu 25 Grad kühler sein können. Außerdem wirken Bäume und andere Grünflächen sich auf unser Wärmeempfinden aus, selbst wenn es keinen messbaren Kühleffekt gibt. In der französischen Stadt Lyon wurde eine Straße an den Klimawandel angepasst, indem unter anderem viele Bäume gepflanzt wurden. Damit die Bäume gut wachsen und ausreichend Schatten spenden, wurde großer Wert auf den unterirdischen Wachstumsraum gelegt. Außerdem wurde ein Bodenmaterial verwendet, welches Wasser besser absorbiert und dadurch Überschwemmungen bei ‚peak flows’ reduziert. Das Wasser wird auf Straßenniveau abgefangen und kann unter anderem zur Bewässerung der Bäume in Trockenperioden verwendet werden. Der Effekt ist spürbar. Die sommerlichen Straßentemperaturen sind nun ein paar Grad niedriger, und der maximale gemessene Kühleffekt beträgt 8 °C.
Die Suche nach Klimabäumen
Der Begriff „Klimabäume“ wird manchmal für Baumarten verwendet, die sehr widerstandsfähig gegen die Klimaerwärmung sind und eine gute Resistenz gegen Wind, Trockenheit und Nässe aufweisen. Außerdem haben diese Bäume große Kronen, die Schatten spenden und beim Wassermanagement helfen. Sie leisten auch einen Beitrag durch CO2-Speicherung. Das klingt einfacher, als es ist. Um die verschiedenen Klimafunktionen zu erfüllen, müssen die Bäume groß und vital sein, was einen guten Standort erfordert. Die meisten Baumarten leiden jedoch unter höheren Temperaturen und größerer Trockenheit. Eine globale Studie kam zu dem Schluss, dass etwa zwei Drittel aller Baumarten unter Niederschlagsmangel leiden. Es ist also sehr wichtig, die richtigen Arten zu wählen – nicht für heute, sondern für das Klima, das wir in 50 oder mehr Jahren erwarten. Dazu kann man sich orientieren an Baumarten in Städten, in denen heute schon das Klima herrscht, das wir in Zukunft haben werden. Trockenheitstoleranz spielt hier eine große Rolle. Für gute Klimabäume sollten auch Merkmale wie Blattoberfläche sowie Kronengröße und -dichte berücksichtigt werden. Es ist auch sehr wichtig, dass wir unsere Bäume lange erhalten können, damit sie eine große Krone entwickeln und mehr zur Klimaanpassung beitragen können. Wir müssen Stadtbäume durch gute Standorte mit genügend Platz für das Wurzelgeflecht und einen nicht zu kompakten Boden unterstützen. Eine ausreichende Wasserversorgung, wie im Beispiel von Lyon, ist ebenfalls unerlässlich. Man sollte während des gesamten Lebenszyklus und nicht nur bei der Anpflanzung von Bäumen auf einen guten Standort achten. Ein gemischter Baumbestand ist außerdem widerstandsfähiger gegen den Klimawandel.
Über den Autor
Cecil Konijnendijk arbeitet seit mehr als 25 Jahren in der Forschung, Bildung und Beratung mit den Schwerpunkten städtische Forstwirtschaft, städtische Grünflächen und so genannten „naturnahen Lösungen“. Derzeit lebt er in Barcelona, wo er das neue Nature Based Solutions Institute leitet. Er ist auch außerordentlicher Professor für städtische Forstwirtschaft an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada.